Sparten-Information &
Rating-Systematik
Privathaftpflichtversicherungen
Tarife im Test: | 1.219 |
Anbieter im Test: | 125 |
Stand: | 15.10.2019 |
Wer einen Dritten schädigt haftet grundsätzlich bis zu 30 Jahre lang im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Im Detail unterscheidet sich der Haftungszeitraum ganz erheblich. Für Schäden aus vertraglicher Haftung gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von zwei Jahren, bei Bauwerken von fünf Jahren (§ 438 BGB und § 634a BGB), für Schäden aus Veränderungen oder Verschlechterungen einer Mietsache von sechs Monaten (§ 548 BGB), bei Schäden aus unerlaubter Handlung 3 Jahre, abweichend jedoch bei Schadenersatzansprüchen, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen ausnahmslos innerhalb von 30 Jahren. Es spielt für die 30-Jahres-Frist also keine Rolle, inwiefern ein Schaden vorsätzlich, grob oder leicht fahrlässig herbeigeführt wurde. Eine Schädigung an Leib und Leben kann auch ein Schaden am noch ungeborenen Kind sein.
Sonstige Schadenersatzansprüche verjähren binnen einer Frist von 10 Jahren (§ 199 BGB). Besondere Verjährungsfristen gelten unter anderem für Schäden nach dem Umwelthaftpflichtgesetz (§ 17 UmweltHG) oder dem Produkthaftpflichtgesetz (§ 12 ProdHaftG). Die benannten Fristen können z.B. durch Erheben einer Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheides gehemmt werden, d.h. dass die Verjährungsfrist nicht weiter zu laufen beginnt.
Die benannten Fristen setzen natürlich voraus, dass überhaupt eine Haftung besteht. Auch wenn grundsätzlich jeder für Schäden haftbar gemacht werden kann, die einem Dritten zugefügt werden, gibt es nämlich Ausnahmen von dieser Regel. Besonders häufig entfällt eine Haftung bei Schäden durch deliktsunfähige Personen.
Nicht alles versichert
Aus verständlichen Gründen kann kein Privathaftpflichtprodukt jeden denkbaren Schaden versichern. Auf Basis der GDV-Musterbedingungen (z.B. Ziffer 7 der AHB mit Stand 02.2014 bzw. A1-7 der AVB PHV mit Stand 25.08.2014) gelten zum Beispiel Leistungsausschlüsse für Schäden durch Vorsatz, Schäden zwischen mehreren versicherte Personen desselben Vertrages oder zwischen Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft oder für Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der Versicherungsnehmer diese Sachen gemietet, geleast, gepachtet, geliehen, durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind. Ausgeschlossen sind ebenfalls sämtliche Schäden, die im Rahmen einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit verursacht werden, Schäden durch gentechnische Arbeiten, gentechnische Organismen oder Haftpflichtansprüche wegen Schäden aus Asbest.
Ein häufiger Grund für eine Deckungsablehnung sind auch Schäden im Zusammenhang mit der Benzinklausel. Im weitesten Sinne fallen darunter sowohl der Verlust von Kfz-Schlüsseln als auch Schäden beim Be- und Entladen eines Kfz. Häufig erwarten Kunden auch, dass der Privathaftpflichtversicherer den verlorenen Schadenfreiheitsrabatt in der Kfz-Versicherung ersetzt, wenn der vom Freund geliehene Wagen nach einem Unfall mit demselben zurückgestuft wird. Häufig sind auch Deckungsablehnungen wegen Schäden an fremden vom Versicherungsnehmer gemieteten, geleasten, gepachteten oder gemieteten Gegenständen, wegen Glasschäden, Eigenschäden, aber auch Haftungsablehnungen wegen Deliktsunfähigkeit, Gefälligkeitsschäden oder fehlendem Verschulden des Schädigers. Sehr oft kommt es auch zu Deckungsablehnungen, wenn Mietsachschäden die Folge von Abnutzung / Verschleiß / übermäßiger Beanspruchung waren und hier beim Auszug eines Mieters Ansprüche erhoben wurden. Zu Ärger führt es vielfach, wenn eine Schadenregulierung als Folge von Prämienverzug abgelehnt wird. Speziell nicht bezahlte Prämien scheinen einer der Hauptablehnungsgründe in der Privathaftpflichtversicherung zu sein.
Es gilt die Folgeereignistheorie
Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist neben einem versicherten Tatbestand vor allem ein Schadenereignis im Sinne von Ziffer 1 AHB. Dabei gilt die sogenannte Folgeereignistheorie. Daraus folgt, dass es unerheblich ist, ob zum Zeitpunkt des zugrunde liegenden Ereignisses bereits Versicherungsschutz bestand.
Standards im Wandel
In den vergangenen Jahren hat sich der Versicherungsmarkt stark gewandelt. Viele Leistungen, die früher als unversicherbar galten, sind heute Standard. Für den Makler bedeutet diese rasante Entwicklung nicht unbeträchtliche Haftungsrisiken, zumal er nicht nur den einzelnen Versicherer, sondern auch den Markt zu überblicken hat. Nicht wenige Versicherer ändern mehr als einmal im Jahr ihre Bedingungswerke, meist, aber nicht immer nur zum Vorteil der Versicherten.
Einige Versicherer sehen mittlerweile „Marktanpassungsgarantien“ vor, auch unter dem Namen „Marktgarantie“ oder „Erweiterte Vorsorge“ bekannt. In unterschiedlichem Umfang können Versicherte dadurch möglicherweise im Schadenfall von Leistungen profitieren, die im eigenen Tarif nicht eingeschlossen sind. Nicht zutreffend sind allerdings Aussagen, wonach eine solche Klausel dazu führt, dass dadurch die jeweils besten Leistungen des ganzen Marktes mitversichert seien. Auch „Besitzstandsgarantien“ gewähren nicht immer vollumfänglich den von einem Vorversicherer übernommenen Versicherungsschutz, auch wenn dies immer wieder so suggeriert wird. Hier lohnt jeweils ein aufmerksamer Blick ins Kleingedruckte.
Um die Maklerhaftung zu reduzieren, ist daher ein standardisierter Auswahlprozess bei der Wahl des richtigen Versicherungsproduktes unbedingt erforderlich.
Rating-Systematik
Für die Kategorie Privathaftpflichtversicherung werden zwei Kategorien unterschieden: Silber und Gold. Voraussetzung für das Erreichen einer dieser beiden Kategorien ist, dass die jeweiligen Mindestkriterien in allen Punkten erfüllt werden.
Für die Mindestdeckung (Silber) gelten folgende Mindestanforderungen
- Garantie, dass der Versicherer nicht zum Nachteil des Kunden von den aktuell gültigen AHB mit Stand 02.2016, den Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Musterbedingungsstruktur AT (Musterbedingungen des GDV) mit Stand 01.2015 und der dazugehörigen Tarifstruktur IX mit Stand April 2016 abweicht (GDV-Garantie) oder alternativ Garantie hinsichtlich der empfohlenen Mindeststandards des Arbeitskreises Arbeitskreis Beratungsprozesse mit Stand 17.02.2010 oder jünger[1]) abweich
- Garantie, dass der Versicherer prämienneutrale Bedingungsverbesserungen automatisch zum Vertragsbestandteil auch für laufende Verträge macht (Innovationsklausel)
- Forderungsausfalldeckung mit einem Selbstbehalt von maximal 2.500 Euro und einer Deckungssumme von min. 5 Mio. Euro pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden[1] oder mindestens 100.000 Euro für Vermögensschäden sowie 5.000.000 Euro für Personen- und Sachschäden. Abweichend zu den Bedingungen der Privathaftpflichtversicherungen gilt der Versicherungsschutz aus der Ausfalldeckung auch für gesetzliche Haftpflichtansprüche gegen Dritte aus der Eigenschaft des Schädigers als privater Halter eines Hundes oder Pferdes sowie für Schäden, die durch ein vorsätzliches Handeln des Schädigers entstanden sind.
- Sachschäden durch Gefälligkeit mindestens bis 10.000 Euro und mit einem Selbstbehalt bis max. 150 Euro
- Für Personen mit Kindern unter 10 Jahren: Personen- und Sachschäden durch deliktsunfähige eigene Kinder mindestens bis 5.000 Euro mit max. 150 Euro Selbstbehalt (Erweiterung ist demnach keine Mindestanforderung für reine Single-Tarife)
- Schäden an geliehenen, gemieteten oder gepachteten Gegenständen inklusive Inventar / Mobiliar in Ferienunterkünften (min. in Hotels, Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Pensionen) mindestens bis 10.000 Euro und mit einem Selbstbehalt bis max. 150 Euro.
- Verlust fremder privater Wohnungsschlüssel mindestens bis 10.000 Euro mit maximal 150 Euro Selbstbehalt
- Verlust fremder beruflicher und ehrenamtlicher Schlüssel mindestens bis 10.000 Euro mit maximal 150 Euro Selbstbehalt
- Ausdrückliche Mitversicherung von Internetschäden mindestens bis 100.000 Euro
- Verzicht auf Einschränkungen des örtlichen Geltungsbereiches der Internetklausel und Mitversicherung auch von Internetschäden infolge von Datenverarbeitung
- Mitversicherung von Schäden durch Kleingebinden gewässerschädlicher Stoffe mindestens bis 50 l / Kg je Einzelgebinde und mindestens bis 500 l / Kg Gesamtfassungsvermögen (alternativ Verzicht auf Ausschluss für Haftpflichtansprüche aus Gewässerschäden)
- Mitversicherung von Schäden durch häusliche Abwässer
- Mindestens einjährige Auslandsdeckung
- Versicherungsschutz, sofern damit keine öffentlichen oder hoheitlichen Aufgaben verbunden sind und es sich um keine wirtschaftlichen/sozialen Ehrenämter mit beruflichem Charakter handelt
- Deckungssumme für Personen-, Sach- und Vermögensschäden: mindestens 5.000.000 Euro pauschal oder mindestens 100.000 Euro für Vermögensschäden sowie 5.000.000 Euro für Personen- und Sachschäden
- Deckungssumme für Mietsachschäden an Immobilien mindestens 300.000 Euro mit einem Selbstbehalt von max. 150 Euro pro Schadenfall
- Deckungssumme für Baumaßnahmen an einem selbst genutzten Einfamilienhaus bzw. einer selbst genutzten Eigentumswohnung mindestens 100.000 Euro.
- Mitversicherung von Regressansprüchen der Sozialversicherungsträger, Sozialhilfeträgern, privaten Krankenversicherungsträgern, öffentlichen und privaten Arbeitgebern wegen Personenschäden
- Versicherungsschutz bei volljährigen mitversicherten Kindern auch während des Grundwehrdienstes oder des Bundesfreiwilligendienstes (BDF) und dies vor, während und im Anschluss an eine Berufsausbildung.
- In der Tarifvariante als Paar- und Familienversicherung Mitversicherung volljähriger, unverheirateter und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft befindlichen, im Haushalt des Versicherungsnehmers gemeldeter leiblicher Kinder, Stief- und Pflegekinder des Versicherungsnehmers sowie auch der leiblichen Kinder, Stief- und Pflegekinder des im Haushalt des Versicherungsnehmers gemeldeten mitversicherten Partners mindestens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres
- Vorsorgeversicherung mindestens in Höhe von 5.000.000 Euro für Personen-, Sach- und Vermögensschäden oder mindestens 100.000 Euro für Vermögensschäden sowie 5.000.000 Euro für Personen- und Sachschäden.
Diese Tarife können ausnahmslos als „empfehlenswert“ betrachtet werden, auch wenn sie sich im Detail stark unterscheiden und darauf geachtet werden sollte, dass bestimmte Leistungen nur gegen Zuschlag eingeschlossen sind.
Besonders hochwertige Tarife (Gold) sollten darüber hinaus folgende Standards erfüllen:
- Ausdrücklich vereinbarte Deckungssumme von mindestens 50.000 Euro für das Bauen in Eigenregie oder Nachbarschaftshilfe
- Bedingungsgemäßer Versicherungsschutz für minderjährige Übernachtungsgäste im Haushalt des Versicherungsnehmers (z.B. eigene Kinder, die wegen Umgangsterminen zu Besuch kommen, nicht jedoch im Haushalt des VN gemeldet sind oder für Enkelkinder
- In der Tarifvariante als Paar- und Familienversicherung Mitversicherung volljähriger, unverheirateter und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft befindlichen, im Haushalt des Versicherungsnehmers gemeldeter leiblicher Kinder, Stief- und Pflegekinder des Versicherungsnehmers sowie auch der leiblichen Kinder, Stief- und Pflegekinder des im Haushalt des Versicherungsnehmers gemeldeten mitversicherten Partners ohne zeitliche Befristung
- Versicherungsschutz zusätzlich auch für die gewerbliche Tätigkeit als Tagesmutter, sofern dies nicht in Betrieben und Institutionen erfolgt
- Ergänzend aktiver Rechtsschutz zur Forderungsausfalldeckung mit einer Versicherungssumme von mindestens 300.000 Euro (ggf. in Form einer Kostenübernahme für die anwaltliche Vertretung)
- Im Rahmen der Ausfalldeckung Versicherungsschutz auch für echte Vermögensschäden
- Keine vom GDV-Standard abweichenden Einschränkungen der mindestens einjährigen Auslandsdeckung (z.B. punitive oder exemplary damages, Einschränkungen in den USA, US-Territorien und Kanada, Forderung der Beibehaltung eines Wohnsitzes innerhalb von Deutschland). Als Einschränkung akzeptabel ist es höchstens, wenn vom Versicherungsnehmer eine Korrespondenzanschrift innerhalb der EU verlangt wird oder bei Zahlungen außerhalb des Euro-Raumes die bei der Währungsumrechnung entstehenden Risiken auf den VN abgewälzt werden.
- Versicherer bzw. Risikoträger ist Mitgliedschaft bei Versicherungsombudsmann e.Versicherungsschutz auch für tariflich definierte nebenberufliche Tätigkeiten bis min. 6.000 Euro Jahresumsatz (mindestens folgende Berufe / Tätigkeiten sind in den Versicherungsschutz eingeschlossen: Nachhilfe und Musikunterricht, Verkauf auf Flohmärkten und Basaren, Zeitungs-, Zeitschriften- und Prospektzustellung)
Prüft man auf Basis dieser Kriterien den deutschen Versicherungsmarkt, so verbleiben nur wenige Tarife, die alle diese Anforderungen gleichzeitig erfüllen und mit Silber oder GOLD bewertet werden können.